Residenz trifft auf Neubau. Neubau trifft auf Residenz.

06.03.2017 von Isabella Hödl-Notter

Stellungnahme der Stadtheimatpflege Freising e.V. zum Siegerentwurf der gmp International Berlin für den Neu- und Umbau der Freisinger Residenz (Bildungszentrum Kardinal-Döpfner-Haus)

Die Ausschreibung des Architekturwettbewerbs für den Um- und Neubau des KardinalDöpfner-Hauses ist durch den gekürten Siegerentwurf von gmp International Berlin ein großer Erfolg für die Neukonzeption des Freisinger Dombergs geworden.

DER NEUBAU. HOCHFORM MODERNER ARCHITEKTUR
Durch moderne Formensprache passt sich der Neubautrakt des Siegerentwurfs harmonisch in die bereits bestehende bauliche Struktur des Dombergs ein. Er stellt einen architektonischen Glanzpunkt dar, ohne sich gegenüber der Residenz in den Vordergrund zu drängen. Gelungen ist die moderne architektonische Formensprache in Hinblick auf die Außenfassade; die Spitzfenster und großen Glasflächen vereinen Tradition und kirchlichen Ursprung mit Transparenz und Offenheit der Kirche im 21. Jahrhundert.

DER UMBAU DER RESIDENZ. LOHNENDE INVESTITION
Der Entwurf von gmp International Berlin beinhaltet in weiten Teilen die Wiederherstellung und Nutzung der historischen Raumfolge. Die Wiederbelebung der ehemaligen Fürstenzimmer begrüßen wir sehr. Sie ebnet den Weg hin zu einem bis dato noch nicht möglichen Bildungskonzept zur Vermittlung der Geschichte der Residenz und der Freisinger Fürstbischöfe; das ist ein unschätzbar wertvoller Gewinn für die Bildungsarbeit des gesamten Erzbistums als auch für die Stadt Freising. Aus stadthistorischer Perspektive sind einige wenige, dafür aber grundlegende Mängel anzusprechen. So plädiert die Stadtheimatpflege Freising mit Nachdruck für eine moderne Rekonstruktion des Steinernen Saales; optimaler Weise auch in visueller Hinsicht mit Anlehnung an die frühneuzeitlichen Saalfenster. Der Saal stünde als klares Symbol für das Bestreben des Erzbistums gesamtgesellschaftliche Kommunikationsräume zu schaffen und mit Leben zu erfüllen. Die geplante barrierefreie Lösung, die mit einer Teilung des Arkadenganges im Innenhof der Residenz einhergeht, ist denkmalpflegerisch nicht haltbar und wir befinden uns damit inhaltlich in Einklang mit der Begründung der Preisjury. Die Arkaden stellen eine der frühesten Zeugnisse von der Verwendung italienischer Architektur nördlich der Alpen zu Beginn des 16. Jahrhunderts dar. Wir sind zuversichtlich, dass andere bauliche Lösungen gefunden werden, die einen barrierefreien Zugang ermöglichen, aber zeitgleich den Arkadengang erhalten.
Abschließend möchten wir noch auf die Empfangssituation hinweisen. Der natürliche Besucherstrom führt direkt zum Domplatz. Es wäre sehr erfreulich, wenn dieser Platz nach Abschluss der Um- und Neubauarbeiten aufgewertet wird, beispielsweise durch die Installation einer Brunnenanlage. Diese wäre auf historische Vorbilder zurückzuführen und gerne modern neu zu interpretieren. Als weiterer zentraler Treffpunkt für Tagungs- und Übernachtungsgäste könnte der Innenhof der Residenz, auch mit Rezeption am Haupteingang der Residenz, fungieren.

FAZIT
Der Verein Stadtheimatpflege Freising zeigt sich sehr erfreut über die gelungene Ausschreibung und den gekürten ersten Preis sowie die mit der Neukonzeption einhergehende aufgeschlossene Öffentlichkeitsarbeit des Erzbistums. Wir hoffen, dass der gelungene Entwurf von gmp International Berlin mit Anpassungen im Bereich der historischen Bausubstanz verwirklicht wird; damit würde der Neu- und Umbau Vergangenheit und Zukunft gleichwertig vereinigen und wertschätzen. Unserer Ansicht nach essentiell für einen nachhaltigen Erfolg der Neukonzeption des Freisinger Dombergs, als ein weit über die Bistumsgrenzen hinaus ausstrahlender Bildungsort, ist die Wiederverwendung des Begriffes „Residenz“ für den Altbau. Die Residenz ist seit langem unter dem begrifflichen Deckmantel des „Kardinal-DöpfnerHauses“ versteckt. Diese begriffliche Irreführung war und ist in keiner Weise sinnvoll und zielführend; er stiftet Verwirrung, da das Wesen, die Raumfolge, die bauliche Erscheinung des Gebäudes nicht transparent kommuniziert wird. Ein Residenzbau bleibt ein Residenzbau, auch wenn seine heutige Funktion eine andere ist. Das Erzbistum befindet sich mit der Neukonzeption des Freisinger Dombergs auf dem wunderbaren Weg ein modernes kulturelles Zentrum zu schaffen. Wir sehen die kraftvollen historischen Fundamente des Erzbistums als Bausteine für ihre Zukunft und dabei die Freisinger Residenz als einen Ort der Transparenz, der gesellschaftlichen Kommunikation und Offenheit der Kirche im 21. Jahrhundert.

Freising, den 04. März 2017

Für die Vorstandschaft
gez. Isabella Hödl-Notter
gez. Bernhard Reiml
gez. Gernot Anders
gez. Nanni Feller
gez. Elisabeth Reisch
gez. Ricarda Schindler

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