Stellungnahme des Vereins: Erhaltung des "Abseits"

23.04.2015 von Hermann Bienen

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister

Beunruhigt sind wir derzeit über eine Entwicklung, die sich im Bereich der Gastronomie abzeichnet. Reine gewinnorientierte Speisegaststätten, ausgelegt auf schnellen Umsatz und kurze Verweildauer ihrer Gäste werden in Freising die Regel.

Gaststätten als Kommunikationszentren für einzelne Stadtbereiche verschwinden immer mehr, auch wenn bsplw. der „Grüne Hof“ in Lerchenfeld oder der „Lerner“ in Vötting noch im Sinne dieser Tradition bewirtschaft werden. Aber wie lange noch? Dem Stadtzentrum fehlen die bürgerorientierten Gaststätten wie der verschwundene „Bodensteiner“ oder der „Karlwirt“, der seit einigen Jahren verwaist ist. Auch das Cafe Luitpold gibt es nicht mehr.

Für das Verschwinden dieser Gastronomie ist nicht alleine die Medienvielfalt oder ein geändertes Kommunikationsverhalten der Bürger bedingt durch Handy oder Facebook verantwortlich zu machen. Denn in einigen wenigen Gaststätten funktioniert dies noch erstaunlich gut. Dort ist Raum und Angebot auf die Wünsche und Belange seiner Besucher abgestimmt.

Sicher tragen gut gehende Speiselokale zum Wohl der Freisinger Bürger mit bei, doch verschwinden diejenigen Gaststätten, die früher für den Bürger Anlauforte zur Kommunikation und Enstpannung waren. Lokale wir bsplw. das „Furtner“ oder das „Abseits“ bieten neben reiner Kommunikation bei einem Glas Bier auch Unterhaltung mit Kleinkunst, Kabarett, Musik, Filmen oder auch Vorträgen zu allen nur erdenklichen Themen an. Theater, Tanz, Volkstanz, gemeinsames Musizieren, ja selbst ausgefallene Stammtische wie unter dem Motto „Bier und Stricken“ bieten vielfältige Möglichkeiten zu einem gemeinschaftlichen Erlebnis und zur Erholung. Dort kann man auch ein Nebenzimmer oder ein Gewölbe preiswert für eigene Veranstaltungen und Feiern mieten. Denn dort wird auf die Bedürfnisse ihres Kundenkreises eingegangen. Solche Wohlfühlräume benötigen wir in Freising. Diese „Stressabbauzentren“ sollten in unserer hektischen Zeit von der Stadt Freising zum Wohle ihrer Bürger unterstützt und gefördert werden. Solche Orte tragen auch viel zur Attraktivität einer Stadt bei und bilden mit die „Seele“ einer Stadt.

Nicht zu unterschätzen ist diese Art der Gastromomie auch als „Integrationsstelle“ für nur zeitweilig bzw. nur unter der Woche verweilende Personen, die bsplw. im Umfeld des Flughafens arbeiten, einschließlich der steigenden Anzahl an Studenten. Die vorhandenen reinen Studentenkneipen erfüllen diese Aufgabe nicht.

In einem Artikel im fink 11/2014 zu den verschiedenen Jubiläen (250 Jahre Gewölbe, 150 Jahre Gaststätte und 35 Jahre „Abseits“) des Gasthauses „Deutsches Haus“, heute „Abseits“ in Neustift, wurde nicht nur die historische Seite dieser uralten Gaststätte sondern auch die Bedeutung für die Bürger aufgezeigt. Nicht nur die Neustifter, sondern viele Personen aus der gesamten Freisinger Bürgerschaft haben zu diesem Hause auch heute noch eine große emotionale Bindung. Wir dürfen hier nur auf die Tanzkurse der mittleren und höheren Schulen aus ganz Freising in den 1960er und 70er Jahren verweisen, die dort abgehalten wurden.

Dieses Haus ist daher nicht nur im Sinne des Denkmalschutzes als erhaltenswert zu erachten. Der in dem genannten Artikel ausgesprochenen Bitte an den Inhaber und die Stadt, dieses altehrwürdige, stadtbildprägende Haus mit seiner Gaststätte und dem markanten Gewölbe zu erhalten, schließen wir uns in vollem Umfange an.

Die Stadtheimatpflege Freising e.V. würde es begrüßen, wenn die Stadt Freising dieser negativen Entwicklung tatkräftig entgegentreten würde und am Erhalt dieser für die Freisinger Bürger so wichtigen Kult- und Kommunikationsstätten mitwirken würde. Bei der Vergabe zukünftiger Konzessionen sollte insbesonders auf die oben genannten Aspekte besonderer Wert gelegt werden. Die Freisinger Bürger würden es ihrer Stadt sicher sehr danken.

Mit freundlichen Grüßen

Hermann Bienen
Stadtheimatpflege Freising e.V.

 

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