Verfüllung des Peterkellers

09.12.2013 von Hermann Bienen und Sabina Dannoura

An die Stadt Freising/
Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher   

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

mit großer Bestürzung mussten wir einer Zeitungsmeldung entnehmen, dass entgegen der ausdrücklichen Zusagen des Bauherrn noch im August 2012 ein Teil der historischen Kelleranlagen am Gasthaus Peterhof in Freising im Zuge der Bebauung am Lankesberg abgerissen und ein weiterer verfüllt werden soll.

Die erlebbare Bewahrung des knapp 100 m langen Fasskellers, der in seinen ältesten Teilen mehr als 200 Jahre alt ist, ist unserem Verein ein großes Anliegen. Neben dem historischen Wert des hervorragend erhaltenen Kellersystems geht der Stadt Freising damit ein bedeutendes Kulturgut unwiederbringlich verloren. Der von Ihnen angeführte Erhalt „im Bestand“ (siehe Brief an Herrn Hermann Bienen vom 21.11.2013) ist aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar: Der nicht abgebrochene Teil der ehemaligen Bierkeller wird durch eine Verfüllung auf eine reine Präsenz im Boden reduziert – er ist damit weder nutzbar noch erlebbar.

Die Bedeutung des bis dato in perfektem Zustand erhaltenen Peterkellers geht aber über seinen klassischen historischen Wert weit hinaus. Viele Freisinger, insbesondere Frauen, Männer und Kinder aus dem Stadtteil Neustift, haben in den Kelleranlagen während des Zweiten Weltkriegs Schutz gesucht und gefunden. Der Peterkeller hat Menschenleben gerettet. Die Erinnerung ist bei vielen Bürgerinnen und Bürgern heute noch wach. Damit besitzt das Kellersystem auch einen emotionalen Wert, der nicht zu unterschätzen ist.

Die Zustimmung des Landesdenkmalamts zu einer Verfüllung, die Sie in Ihrem Schreiben an Herrn Bienen betonen, wollen wir hier nicht bewerten. Uns und auch der Stadt dürfte bewusst sein, dass der Denkmalschutzbehörde seit Jahren finanziell und personell die Hände gebunden sind und sie ihr Augenmerk daher auf zentrale Aufgaben konzentrieren muss – der Kampf um die Bewahrung historischer Kellersysteme gehört nicht unbedingt zu den Schwerpunkttätigkeiten. Ohne zu werten stellen wir desweiteren fest, dass sich die Stadtpolitik über Stellungnahmen des Landesamts für Denkmalpflege bei einzelnen Bauvorhaben auch hinwegsetzt. Im Fall des Peterkellers sollte sich die Stadt daher nicht hinter einer „Zustimmung des Landesamts für Denkmalschutz“ verstecken.

Freising rühmt sich als Bierstadt, inszeniert alljährlich die Verkündigung des Reinheitsgebots mit historischem Ambiente, wuchert in Broschüren mit seinen ältesten Brauereien und der exzellenten „Brauer-Universität“. Und ausgerechnet hier soll nun mit dem Einverständnis der Stadt ein jahrhundertealter Bierkeller verschwinden? Aus unserer Sicht hat die Stadt eine Verpflichtung und Verantwortung, die Verbundenheit zu ihrer Geschichte als „Bierstadt“ über Imageveranstaltungen und Werbebotschaften hinaus zu praktizieren.

Die jüngste Entwicklung erschüttert uns, denn aufgrund der Diskussionen und Beschlüsse zum Bebauungsplan Nr. 6 musste von einem Erhalt der Peterkeller ausgegangen werden. Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf die Sitzung des Planungs- und Umweltausschusses vom 22. August 2012 und die Veröffentlichung in der Freisinger SZ vom 27. August 2012, Seite 1, in welcher der Erhalt des alten Bierkeller ausdrücklich bestätigt wird, wenn auch aus „profanen“ wirtschaftlichen Gründen: Die Gewölbe abzustützen, sie einzureißen oder zu verfüllen, käme laut Aussagen in diesem Bericht teurer.

In den textlichen Festsetzungen und Hinweisen des Bebauungsplans Nr. 6 ist explizit festgehalten unter der Überschrift „Denkmalschutz“: Sollte zur Herstellung eines standsicheren Baugrunds die Beseitigung der Keller erforderlich werden bzw. ihr Erhalt nur mit unvertretbarem Aufwand möglich sein, so ist für den Abbruch unter Nachweis der Notwendigkeit ein Erlaubnisantrag bei der Stadt Freising zu stellen.

Wir, der Verein Stadtheimatpflege Freising mit seinen Arbeitsgemeinschaften, wollen deshalb von Ihnen, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, wissen:

  1. Wann ist bei der Stadt Freising ein solcher Erlaubnisantrag gestellt worden?
  2. Mit welcher Begründung wurden Abriss bzw. Verfüllung als unabweisbar dargestellt?
  3. Welches Beschluss-Organ der Stadt Freising hat zu welchem Zeitpunkt den Erlaubnisantrag genehmigt?

Nach unseren Recherchen sind die Freisinger Stadträte über Abbruch/Verfüllung seitens der Stadt bzw. Stadtverwaltung nicht informiert bzw. mit dem Verfüllungsantrag befasst worden. Von dem in Ihren Brief an Herrn Bienen angeführten Zustimmung zum „Kompromiss einer Verfüllung im Bauquartier am Lankesberg“ im Zuge der Bebauungsplanaufstellung durch die beteiligten Fachbehörden und die jeweiligen Stadtratsbeschlüsse ist uns nichts bekannt, nach unseren Informationen ist in öffentlicher Sitzung kein Beschluss gefasst worden. Im Gegenteil wird, wie oben zitiert, im Bebauungsplan vom Erhalt der Kelleranlagen ausgegangen.

Gerade bei diesem öffentlich mehrfach thematisierten, sensiblen Thema und der Bedeutung der Kelleranlagen ist davon auszugehen, dass der zuständige Ausschuss des Stadtrats mit dem Erlaubnisantrag befasst werden muss.

Wir bitten Sie daher eindringlich, die geplante Verfüllung des Peterkellers sofort zu stoppen! Zumal es zu einer Verfüllung Alternativen gibt, die mit einem vertretbaren wirtschaftlichen Aufwand den erlebbaren Erhalt der Bierkeller ermöglichen. Dazu hat Ihnen unseres Wissens nach Herr Bienen bereits Vorschläge unterbreitet, die wir an dieser Stelle nur wiederholen könnten. Wir appellieren deshalb an Sie, den gesamten Stadtrat sowie die Bauverwaltung, auch bei weiteren Bauvorhaben über wertvollen Bierkellern eine Verfüllung nicht zuzulassen und den Bauherren machbare Alternativen aufzuzeigen.

Schließlich möchten wir noch unser Bedauern über die massive Abholzung des Baumbestands im Bereich der Baustelle am Lankesberg ausdrücken. Uns ist durchaus der Bedarf an innerstädtischem Wohnraum in Freising bewusst und wir unterstützen eine maßvolle Nachverdichtung ausdrücklich. Bei der Umsetzung eines Bauvorhabens wie am Lankesberg sollte dennoch soweit als möglich Rücksicht auf wertvollen Baumbestand genommen werden. Diesen Eindruck konnten wir jedoch bei einer Besichtigung der Baustelle nicht gewinnen. Insofern können wir die Wahrnehmung von Herrn Bienen, das Areal gleiche einem „Ort der Verwüstung“ leider nur bestätigen.

Wir hoffen auf Ihr Verständnis für unser Anliegen und Ihre Unterstützung - und bedanken uns jetzt bereits herzlich für Ihre Antwort.

Unsere Argumente und Forderungen zum Erhalt der Peterkeller werden wir morgen in Form einer Pressemitteilung an die Freisinger Medien leiten.

Mit freundlichen Grüßen
Stadtheimatpflege Freising e.V.

für die AG Stadtbildpflege und Baukultur
Sabina Dannoura und Joachim Eder

für die AG Landschaft
Gernot Anders und Nanni Feller

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