Hausbesichtigung: Altes Gefängnis

05.09.2007 von Florian Notter

Die alte Freisinger Fronfeste ist eines der kulturgeschichtlich interessantesten Gebäude der Stadt, besitzt aber auch wichtige städtebauliche Funktionen: es schließt die Fischergasse wie ein massiger weißer Klotz markant nach Westen ab, zugleich bildet das tief in den Domberg hinein gebaute Gebäude eine Art  „Scharnier“ zwischen Altstadt- und Dombergbebauung. Seit der historische Baukomplex an der Ecke Brennergasse/Fischergasse vom Förderverein „Altes Gefängnis e.V.“ saniert wird, richten sich besonders viele interessierte Augen darauf. Dr. Thomas Mücke, Chef des Fördervereins und Vorstandsmitglied auch bei den Stadtbildpflegern, lud uns am 5. September 2007 in das Alte Gefängnis ein und zeigte uns den Baufortschritt der einzelnen Gebäudeteile inkl. des Gefängnisturms. Dabei legte er uns in einem Überblick auch die (Bau-)Geschichte der alten Fronfeste dar: Demnach war das Freisinger Gefängnis ursprünglich im Erdgeschoss des heutigen Anwesens Obere Hauptstraße 4 untergebracht. Da dieses zu klein geworden war, verlegte man es 1663 an den jetzigen Standort. Die einzelnen Gebäudeteile wurden um das Jahr 1710 weitgehend neu gebaut, für die Fertigstellung des Gefängnisturmes ist das Jahr 1714 belegt. In der fürstbischöflichen Zeit (bis 1802/03) diente das Gebäude in erster Linie dem Stadt- und Landpfleggericht Freising, einer hochstiftischen Unterbehörde, die justiz- wie verwaltungsmäßige Kompetenzen im Bereich der Stadt und des näheren Umlandes, dem sog. Burgfrieden Freising, wahrnahm. Das Gefängnis war zu dieser Zeit im Wesentlichen auf den Turm beschränkt. Im Erdgeschoss des Nordflügels brachte man die sog. „Untere Fleischbank“, einen Schlachtplatz, unter: Direkt über der Stadtmoosach gelegen, konnten so Schlachtabfälle sofort abgeleitet werden.

Ein dunkles Kapitel der Freisinger Geschichte stellte der vergleichsweise spät stattfindende Kinderhexenprozess, in zwei Phasen (1715 bis 1717 sowie 1721 bis 1723) dar. Bei den Opfern dieser Hexenprozesse handelte es sich hauptsächlich um Jungen zwischen zehn und zwanzig Jahren. Bis heute ist der Grund ihrer Einkerkerung nicht eindeutig geklärt. Überliefert ist, dass es sich bei den „Hexenjungen“ großenteils um arme Bettelkinder handelte, die ihr Leben außerhalb der Stadtmauern verbringen mussten. Beim Spielen mit den Kindern der Stadtbürger prahlten sie – vielleicht von  Minderwertigkeitsgefühlen angetrieben – damit, „Wetter machen“ und „Ferkel herbeizaubern“ zu können. Die Stadtkinder berichteten ihren Eltern davon und die Lügengeschichten einiger „Bettelbuben“ verbreiteten sich so in der ganzen Stadt. Möglicherweise war tatsächlich panischer Aberglaube der Grund dafür, dass diese Betteljungen dann von fürstbischöflichen Amtmannen aufgegriffen und eingekerkert wurden. In ihren Augen hatten die Jungen ihre Seele dem Teufel verschrieben. Die Haftbedingungen im Gefängnisturm waren völlig inhuman, auch verlief der Prozess in damals gängiger Praxis, also unter Einsatz der „peinlichen Befragung“ (Folter). Der Prozess forderte rund 40 Opfer, größtenteils durch Enthauptung und anschließender Verbrennung der Leichen.

Nach der Mediatisierung von 1802/03, als Freising bayerisch wurde, zog das Stadt- und Landpfleggericht (nunmehr als bayerisches Landgericht bezeichnet) aus; das Gebäude wurde nun ausschließlich als Gefängnis genutzt. Mitte des 19. Jahrhunderts veranlasste der Eigentümer, der bayerische Staat, einen Umbau sowie einen Erweiterungsbau an der Ostseite (dieser wurde 1982 wiederum abgerissen). Inhaftiert hatte man bereits seit Beginn des 19. Jahrhunderts nur Personen, die kleinere Delikte begangen hatten und nur eine relativ kurze Zeit im Gefängnis verbringen mussten. In den ersten Tagen und Wochen nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes 1945 wurden hierin lokale und regionale NS-Funktionäre inhaftiert. 1965 wurde das Gefängnis schließlich aufgelöst und nach einigen Jahren an die Stadt Freising veräußert. Diese plante zunächst den Abbruch und den Bau eines Parkhauses, was jedoch nicht realisiert wurde. Von Seiten der Freisinger Bürgerschaft gab es immer wieder Initiativen zum Erhalt, zur Sanierung und Nutzung des historischen Anwesens. Freilich konnte sich die Stadt nicht zu einer notwendigen Generalsanierung entschließen. Ein Glücksfall trat 2005 ein: Der „Förderverein Altes Gefängnis e.V.“ wurde ins Leben gerufen, das Gebäude von der Stadt für einen symbolischen Euro pro Jahr gepachtet und mit der Sanierung begonnen. Ziel des Vereins, in dem sich rund 450 Bürgerinnen und Bürger um Dr. Thomas Mücke und Dr. Hermann Cordary engagieren, war es, in dem Gebäudekomplex ein Weinlokal, eine Galerie und ein Gefängnismuseum einzurichten. 2007 konnten Weinlokal und Ausstellungsräume, 2011 dann das Gefängnismuseum eröffnet werden. Bürgerinnen und Bürger waren und sind es, die hier ein wichtiges Stück Freisinger Kulturgeschichte erhalten und wiederbelebt haben.

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